Der Frontwechsel Rumäniens am 23.08.1944

Dieser Vorgang hatte erhebliche Folgen für das weitere Kriegsgeschehen. Darüberhinaus hat er die Nachkriegsentwicklung Rumäniens und Ostmitteleuropas als Ganzes maßgeblich beeinflusst. Auch die Familie des Autors dieser Zeilen wurde davon betroffen. Nachdem sich das Ereignis in diesem Sommer zum 80sten Mal jährt, erscheint es sinnvoll, seiner zu gedenken.

Der Frontwechsel Rumäniens am 23.08.1944 ,Befreiung oder Verrat?

Einleitung

Am 23. August 1944 wechselte Rumänien die Front und verschärfte dadurch wesentlich die für Deutschland negative Wende des Krieges. Was sich tatsächlich an diesem Tag im Königspalast von Bukarest zugetragen hat, und wie der Frontwechsel vonstatten ging, ist noch nicht eindeutig geklärt. Eine Variante bietet Walter Hagen in seinem Buch Die geheime Front, Wien 1950, Seite 305/6 an:

„Diese historisch so interessante Unterredung zwischen dem König und dem Staatsführer wurde angeblich auch durch ein verborgenes Mikrophon auf einem Schallband aufgenommen. Die amerikanische Zeitschrift „Time“ veröffentlichte den Wortlaut dieses Gespräches, das damals im Königsschloß zu Bukarest auf dem Stahlband aufgenommen worden sein soll. Wenn auch gewisse Bedenken gegen die Echtheit dieses Dokumentes bestehen – so zum Beispiel scheinen dort die damals ohne Zweifel anwesenden Ministerpräsident Antonescu und General Sanatescu nicht auf, und auch der Ton, den Mihai darin anschlägt, erscheint wohl wenig königlich – soll es hier für alle Fälle auch wiedergegeben werden (Hinter Walter Hagen verbirgt sich Obersturmbannführer Dr. Wilhelm Höttl. In der fraglichem Zeit war er enger Mitarbeiter von Walter Schellenberg im Amt VI des Sicherheitsdienstes, zuständig für Balkan. Seine Informationen gelten als sehr verlässlich. Nach 1945 arbeitete er für westliche Geheimdienste):

Antonescu tritt in das Arbeitszimmer des Königs.

Antonescu: Lang lebe der König!

König Mihai: Es ist jetzt keine Zeit zu vergeuden. Trotz allen meinen Ermahnungen haben Sie unser Land in eine Situation gebracht, in der einzig und allein die sofortige Beendigung der Feindseligkeiten und die Vertreibung der Deutschen uns retten kann.

Antonescu: Sie irren sich.

König: Bitte, gewöhnen Sie sich an eine korrekte Anrede. Was heißt „Sie“?

Antonescu: Sie – Euer Majestät – Euer Majestät sind heute nervös.

König: , Ja, weil Sie mich wie ein Nichts behandelten, als ich Sie heute morgen anrief. Ich erlaube Ihnen nicht, sich meiner Person gegenüber Freiheiten herauszunehmen. Glauben Sie, ich gestatte Ihnen, daß Sie meine Vorrechte an sich reißen, und sehe wie ein Narr zu, wie mein Vaterland

zerbröckelt?

Antonescu: Und wer zerstört es?

König: Sie alle. Wenn ich Sie rufe, haben Sie nie Zeit für den König.

Antonescu: Ich möchte Ihnen nur sagen, Sie irren, wenn Sie glauben, daß Sie unser Land durch einen Waffenstillstand retten können.

König: Ich habe Sie nicht um Ihren Rat oder Ihre Meinung gefragt. Ich habe Sie rufen lassen, damit Sie das Telegramm über die Einstellung der Feindseligkeiten an die Vereinten Nationen absenden.

Antonescu: Wer hat es entworfen?

König: Was geht Sie das an? Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, werde ich es selbst absenden.

Antonescu: Wie können Sie nur denken, daß der Marschall die deutschen Verbündeten verrät und sie den Russen in die Arme wirft?

König(schreiend): Wer verrät, Sie oder die Deutschen? Garantieren Sie Deutschlands Grenzen oder sichert Deutschland Rumäniens Grenzen?

Antonescu (laut): Ich bin nicht taub. Warum schreien Sie so?

König: Doch, Sie sind es. Sonst würden Sie das Murren im Land gehört haben. Mit einem Wort: Marschall, wollen Sie das Telegramm absenden oder nicht?

Antonescu: Nein, in dieser Form nicht.

König: Wie denn?

Antonescu: Ich muß mich mit den Deutschen in Verbindung setzen!

König: Was wollen Sie verhandeln, Herr Antonescu?

Antonescu: Marschall Antonescu.

König: Herr Antonescu. Vier Jahre lang haben Sie meine Rechte an sich gerissen. Sie hatten niemals mein Vertrauen oder meine Sympathie. Seit Monaten habe ich mit der Opposition gearbeitet, um mein Land zu retten. Sie sehen in mir ein dummes lallendes Kind, das weiß ich. Meine Rumänen werden darüber urteilen. Aber wenn Sie in mir einen Verräter sehen, dann werde ich Sie gründlich aus Ihrem Wahn reißen. Ich bin der König meines Landes und ich hin Ihr König. Ich will mein Land retten und (schreiend auf den Tisch schlagend) niemand kann mich daran hindern.

Antonescu: Euer Majestät sind jung und unerfahren.

König: Sie haben Unrecht. Leid ist eine Erfahrung.

Antonescu: Sie können nicht über das Land bestimmen, wenn ……

König (unterbricht ihn): Ich bin der Befehlshaber der Armee und ich habe einen Befehl gegeben .

Antonescu (heftig); Gegeben? Welchen Befehl? Wissen Eure Majestät, daß Eure Majestät den Thron verlieren kann?

König: Wollen Sie mir drohen? Glauben Sie, daß Sie die Macht haben, irgend etwas irgendwann zu befehlen? Von heute an werde ich die Entscheidungen treffen. Sie sind verhaftet!

Die Türen des Arbeitszimmers fliegen auf und Angehörige der königlichen Leibgarde kommen herein, mit Gewehren in den Händen.

Antonescu (aufbrausend): Was? Ich? Der Marschall des Landes? Nein!

König: Unsinn! Führt ihn ab !

Man bringt Antonescu weg und sperrt ihn in ein Gewölbe, in dem Mihais Vater seine Markensammlung aufbewahrt hatte.“

Der tatsächliche Ablauf der Absetzung und Verhaftung des Staatsführers Marschall Ion Antonescu durch den damals 23-jährigen König Michael I. von Hohenzollern-Sigmaringen ist, wie geagt, bis heute noch nicht widerspruchsfrei rekonstruiert worden. Es gibt neben der Variante, die Dr. Höttl überliefert hat, noch verschiedene weiter Varianten über den Ablauf und die beteiligten bzw. anwesenden Personen. Eine davon stammt vom damaligen Generaldirektor des rumänischen Rundfunks, Vasile (Lulu) Ionescu, der sich zu dem Zeitpunkt des Geschehens am Nachmittag dieses ereignisreichen Tages im Königspalast befand und in seinen handschriftlichen Aufzeichnungen berichtete, dass außer der üblichen Leibgarde, der Palastwache und zusätzlichem, über die übliche Stärke hinausgehende Wachpersonal, der Abteilungsleiter im Auswärtigen Amt Grigore Niculescu-Buzesti, der Oberhofmeisters Ion Mocscony-Starcea und die Generäle Constantin Sanatescu und Aurel Aldea mit Gewissheit anwesend gewesen seien. Er ging von der Anwesenheit auch weiterer Personen aus, ohne aber bestimmte Namen nennen zu können. Vehement bestritt er jedoch die Anwesenheit des kommunistischen Parteiführers Emil Bodneras, wie die spätere kommunistische Geschichtsschreibung kolportierte, um die „bedeutende“ Rolle der Kommunistischen Partei beim Umsturz hervorzuheben. Der Verfasser dieser Zeilen hatte im Jahre 1969 Gelegenheit diese mittlerweile verschollenen Aufzeichnungen zu lesen und eine deutsche Übersetzung von ihnen anzufertigen. Auch diese Übersetzung ist verschollen. Es ist davon auszugehen, dass des Königs Privatsekretär Mircea Ioanitiu und der Stabschef des Militärkommandos Bukarest Dumitru Damascanu auch anwesend waren. Ioanitiu ging später mit dem König ins Exil. Damascanu befehligte die militärische Absicherung des Putschs, wurde Anfang September zur Mitunterzeichnung des Waffenstillstandes nach Moskau entsandt und gehörte auch zu den Mitunterzeichnern des Friedens von Paris vom 10. Februar 1947. Der stellvertretende Ministerpräsident und Aussenminister Mihai Antonescu befand sich auch im Schloß und wurde auch dort verhaftet. Ob er im Audienzsaal oder anderswo war, ist unbekannt. Der unmittelbar danach erfolgten Einberufung einer Kabinettssitzung durch General Sanatescu folgten nur der Innenminister General Pikki Vasiliu und der Kriegsminister Mihai Pantazi. Beide wurden sofort verhaftet. Die anderen Kabinettsmitglieder hatten Verdacht geschöpft und tauchten unter. Walter Hagen (= Wilhelm Höttl) berichtete, dass der Geheimdienstchef Oberst Eugen Christescu sich in die deutsche Botschaft flüchtete, wo er vom Gesandten Manfred von Killinger aber nicht ernst genommen worden sei. General Sanatescu wurde noch am Abend mit der Regierungsbildung beauftragt, und daher ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass sich noch eine Vielzahl weiterer Personen einfand.

Dass dieses Ereignis natürlichen einen längeren Vorlauf hatte, und eine Fülle von Personen an diesem Vorlauf beteiligt waren, liegt auf der Hand.

Die Akteure

Um die Rolle der vielen Akteure am politischen Geschehen in Rumänien in den Jahren 1941 bis 1944 und weit darüber hinaus zu verstehen, ist es notwendig, einen Blick auf die Besonderheiten der rumänischen politischen Prozesse und der Entscheidungsfindungen zu werfen:

Rumänien galt spätestens seit der Niederschlagung des Legionärsputsches vom Januar 1941 als eine Militärdiktatur unter strenger Führung durch den Staatsführers (Conducator) Marschall Ion Antonescu mit einem Marionettenkönig als Staatsoberhaupt. Jegliche Opposition war untersagt und die politischen Parteien waren verboten. Dies hinderte jedoch die Parteien nicht daran, ein halböffentliches Leben weiterzuführen und politische Aktivitäten ungebrochen zu entfalten. Die Parteiführer traten öffentlich in Erscheinung und pflegten ihre Kontakte untereinander, aber auch zur Staatsmacht und der Entourage des Königs unbeirrt weiter. Ja, sie unterhielten auch intensive Kontakte zu ausländischen und insbesondere zu westalliierten Politikern und Geheimdiensten. Dabei bedienten sie sich sogar staatlicher Stellen, wie etwa der Chiffrierabteilung des Auswärtigen Amtes, deren Abteilungsleiter der äußerst umtriebige Grigore Niculescu-Buzesti war. Dieser unterstand zwar dem Außenminister Mihai Antonescu, dem er emsig zuarbeitete, unterhielt aber gleichzeitig enge Kontakte zu den Oppositionsparteien, dem Königshaus und zur Generalität. Sämtliche Kontakte zum Ausland, sei es durch die Staatsmacht, sei es durch die Opposition oder das Königshaus, liefen über sein Amt. Diese Monopolstellung nutzte er sogar aus, um auf eigene Faust Mitteilungen an Emissäre zu lancieren. Er hatte also eine Schlüsselstellung inne. So ist es auch nicht verwunderlich, dass der Historiker Mircea Ciobanu sein Interview mit dem König im Jahre 1991 mit der Frage begann: “ Einige behaupten, dass Niculescu-Buzesti der Hauptregisseur der Ereignisse vom 23. August 1944 gewesen sei. Glauben Sie, dass die Behauptung richtig ist?“ „ Keineswegs. Er war einer der Urheber dieser Ereignisse. Dies schmälert keineswegs seine Verdienste. Ich könnte sagen, dass es einen zu benennenden Initiator des Kampfes zum Austritt aus der Achse überhaupt nicht gegeben hat. Es waren viele, aber sie haben die wahre Meinung des rumänischen Volkes über die Fortsetzung des Krieges repräsentiert. Wir haben zusammengearbeitet. Es ist war, dass die Präsenz der Kommunisten und Sozialisten uns von den Alliierten aufgezwungen wurde. Es ist wahr, dass uns diese Anwesenheit in Verlegenheit gebracht hat, um nicht mehr zu sagen. Aber neben Patrascanu (Kommunist d.V.) und Titel Petrescu (Sozialist d.V.) waren so viele andere – die Kommunisten hatten nicht die Mehrheit in unserer Aktion (…..). Dieses muß man wissen: dass der Akt vom 23. August nicht einem einzigen Gedanken zu verdanken ist und seine Vorbereitung in einem Augenblick begonnen hat, in dem die Fortsetzung des Krieges für viele eine absurde Tatsache geworden war.“ Dieses Zitat ist dem sehr schwer zu lesenden Buch :Mihai Fatu, Antonescu si Opozitia, Editura Tipoalex, 2000, Seite 460 entnommen.

Oberste Autorität in der Opposition mit besten Kontakten zum Staatsführer war zweifellos der Vorsitzende der nationalen Bauernpartei Iuliu Maniu, der bei der Eingliederung Siebenbürgens nach Rumänien eine entscheidende Rolle gespielt hatte, gefolgt vom Führer der Nationalliberalen Dinu Bratianu. Aber auch eine Fülle anderer Persönlichkeiten unterhielten untereinander und zur Staatsmacht enge Kontakte. Dieses Phänomen hing mit der Tatsache zusammen, dass die gesamte rumänische Gesellschaft traditionell aus einem Geflecht von engmaschigen Netzwerken bestand und bis heute besteht. Jedes dieser Netzwerke verfügt über einen „Patron“, um den sich alles schart. Die Patrone bilden übergeordnete Netzwerke, innerhalb derer die entscheidenden Fragen des Landes entschieden werden. Über der Gesellschaft lag und liegt also bis heute ein engmaschiges Geflecht von Netzwerken, das kaum zu durchschauen ist. Für das politische, wirtschaftliche aber auch persönliche Fortkommen war und ist es notwendig, einem oder mehreren dieser Netzwerken anzugehören. Das heißt, man unterhielt eine Fülle von Bekanntschaften und Beziehungen, auf die man sich verlassen konnte und an die man jederzeit appellieren konnte. Dieses System wurde sorgfältig gepflegt und erwiesene Gefälligkeiten wurden aufmerksam erwidert. Es war der Ort, gemeinsame Interessen zu verfolgen und durchzusetzen oder widersprüchliche Interessen auszugleichen. Wenn man zu keinem Kompromiss gelangen konnte kam es zu heftigen öffentlichen Auseinandersetzungen und Beschuldigungen, bis sich die Lage wieder beruhigte. So ist es auch heute noch. Natürlich verleitete dieses Gehabe zu Nepotismus und Bestechung, was aber in der subjektiven Wahrnehmung nicht als Korruption sondern als natürliches, ja moralisch gewünschtes zwischenmenschliches Verhalten empfunden wurde. Die ehemalige Ministerpräsidentin Viorica Dancilla hat dies einmal in ihrer Unbedarftheit so formuliert: „Bei uns gibt es keine Korruption. Das was man im Ausland Bestechung nennt, ist bei uns die Kultur des Dankes für erwiesene Gefälligkeiten.“ Diese Überlebenstechnik entstand in der Phanariotenzeit und wurde im 19. und 20. Jahrhundert perfektioniert. Dies führte dazu, dass auch in der sogenannten demokratischen Periode in den 1920er 1930er Jahren wichtige wirtschaftliche und politische Entscheidungen bis in die Details in diesen Netzwerken ausgehandelt wurden, bevor sie in den Volksvertretungen abschließend behandelt wurden. Die Volksvertretungen dienten dazu, die ausgehandelten Ergebnisse justiziabel zu machen. Sie waren auch der Schauplatz zur Knüpfung neuer Netzwerke und deren Festigung. Fraktionen waren sehr durchlässig und Parteiübertritte an der Tagesordnung. Ein Sitz in der Volksvertretung wurde gern angestrebt, da ein Abgeordnetenmandat 100%ge Immunität bedeutete, was vor allem für die Knotenpunkte der Netzwerke sehr wichtig war, da sie sich ständig am Rande der Strafgesetze bewegten. Aufschlußreich bezüglich dieses Fragenkomplexes sind die berühmten Aufzeichnungen des bekannten Journalisten Constantin Bacalbasa: „Bucurestii de alte data“ und die politischen Notizen des konservativen Politikers Alexandru Marghiloman. Diese Praxis funktionierte auch in den Phasen der Königsdiktatur und der Militärdiktatur des Marschalls Antonescu bestens. Ein Meister in der Nutzung von Netzwerken war zweifellos Barbu Stirbey, der 1943 und 1944 in Ankara und vor allem in Kairo als Emissär der Opposition mit Unterstützung der Staatsmacht die Verhandlungen mit den Westalliierten zur Herauslösung Rumäniens aus dem Krieg führte. Er war selbst fürstlicher Abstammung und hatte engste Kontakte zum Hof. In seinen jungen Jahren hatte er eine heftige Affäre mit der Königin Maria und wurde zum Vater des Prinzen Mircea und wahrscheinlich auch der Prinzessin Ileana. Dieses aristokratische Milieu hinderte ihn nicht, enge Beziehungen zum Linkssozialisten Dobrogeanu-Gherea und zum Linksliberalen Spiru Haret zu unterhalten. Selbstverständlich verkehrte er sehr vertraulich mit den Nachkriegspolitikern Avarescu, Duca, Maniu, Bratianu usw. Auch zu dem Kommunisten Lucretiu Patrascanu und dem Sozialisten Titel Petrescu pflegte er ständigen Kontakt. Ja, selbst mit den Führern der Eisernen Garde und zu dem notorischen Antisemiten A.C.Cuza stand er auf vertrautem Fuße. Mit dem großen Liberalen Ionel Bratianu war er verschwägert und der Intrigant Niculescu-Buzesti war sei Schwiegersohn. Ein weiterer Schwiegersohn war der Engländer Charles Boxhall, ein Major im britischen Intelligence Service, der ihn bei seinen Verhandlungen beriet.

Angesichts dieses gesellschaftlichen und politischen Phänomens ist es sehr schwer auszumachen, wer tatsächlich und in welchem Umfang an der Vorbereitung und dem Ablauf des 23. August 1944 mitgewirkt hat. Der König hat also recht wenn er sagt: „Ich könnte sagen, dass es einen zu benennenden Initiator des Kampfes zum Austritt aus der Achse überhaupt nicht gegeben hat. Es waren viele, aber sie haben die wahre Meinung des rumänischen Volkes über die Fortsetzung des Krieges repräsentiert. Wir haben zusammengearbeitet.“ Mit „rumänischem Volk“ kann aber nur die Meinung der Netzwerke gemeint sein. Es ist auch nicht auszumachen, ob der König an diesem denkwürdigen Tag letztendlich autonom gehandelt hat oder ob er ein getriebener war. Vieles spricht für Letzteres.

Das auf einem Geflecht von Netzwerken und teilweise auf Familienclans beruhende gesellschaftliche und politische Organisationsprinzip hat den Kommunismus überdauert und ist auch heute noch ein großes Problem für eine moderne Demokratisierung des Landes.

Vorverhandlungen zum Kriegsaustritt

Umfangreiche Informationen zu diesem gesamten Themenkomplex hat Andreas Hillgruber in seinem Buch Hitler, König Carol und Marschall Antonescu, Wiesbaden 1954 zusammengetragen. Auch bei Walter Hagen und in Ion Gheorghes Buch Rumäniens Weg zum Satelliten-Staat, Heidelberg 1952 sind etliche Details nachzulesen. Ion Gheorghe war im fraglichen Zeitraum rumänischer Gesandter in Berlin.

Seit der Katastrophe von Stalingrad, die auch die rumänische Armee empfindlich getroffen hatte, war für jedermann in Rumänien klar geworden, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen war, und man Wege finden müsse, sich aus dem Krieg herauszulösen. Darin waren sich alle einig: der Hof, die Opposition und die Regierung. Weiterhin war man sich einig, dass dies nur im Zusammenspiel mit den Westalliierten geschehen solle, da man eine Invasion durch die Sowjetunion und eine damit verbundene Bolschewisierung des Landes auf jeden Fall vermeiden wollte. Für Antonescu gab es noch eine weitere rote Linie, die er nicht überschreiten wollte, nämlich niemals rumänische Waffen gegen den aktuellen Bündnispartner Deutschland zu richten. Das verbiete ihm seine soldatische Ehre, ließ er wiederholt wissen.

Ab diesem Zeitpunkt ließ Marschall Antonescu seinem Aussenminister Mihai Antonescu freie Hand, nach Verhandlungswegen mit den westlichen Alliierten zu suchen und zu sondieren, wie sich Rumänien aus dem Krieg herauslösen könnte. Kontakte zur Sowjetunion lehnte der Marschall damals noch strikt ab. Als erstes trat der Aussenminister im Januar 1943 in Kontakt zum italienischen Gesandten Renato Bova-Scoppa und unterbreitete ihm den Vorschlag, gemeinsam mit Italien zu den Alliierten Kontakt aufzunehmen, um Europa vor der Bolschewisierung zu verteidigen. Mussolini lehnte aber derartige Gedanken kategorisch ab. Darauf wandte sich Antonescu im Februar über den rumänischen Gesandten in der Schweiz, Nicolae Lahovary, an den Apostolischen Nuntius in Bern, Filippo Bernardini, mit der Bitte um Vermittlung. Auch eine türkische Vermittlung über den mit ihm befreundeten türkischen Gesandten in Bukarest, Suphi Tanriöer, fasste er ins Auge. Auch zu dem portugiesischen Ministerpräsidenten Salazar wurden im April Kontakte angeknüpft. Gemäß den Aufzeichnungen des Sekretärs des Staatsführers, Gheorghe Barbul, hatte Mihai Antonescu dem deutschen Gesandten Manfred von Killinger ein von diesem gebilligtes Memorandum an den Reichsaußenminister von Ribbentrop übergeben. Beim kurz danach stattgefundenen Treffen zwischen Hitler und Marschall Antonescu im Schloß Kleßheim bei Salzburg kam es darüber zum Eklat. Hitler forderte kategorisch die Abberufung Mihai Antonescus und der in diese Gespräche verwickelten Gesandten in Bern, Lissabon und Madrid wegen Verrats. Der Marschall blieb jedoch standhaft und ließ Mihai Antonescu weiter gewähren. Dieser ließ über Bova-Scoppa am 17. Mai an den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Guiseppe Bastianini, ein Angebot übermitteln, in dem er Italien die Bildung einer „Mittelmeer-Entente“ unter Einschluss Rumäniens vorschlug. Am 01. Juli reiste Mihai Antonescu selbst nach Rom und wurde dort von Mussolini empfangen. Der Duce erklärte ihm, er stimme zwar prinzipiell mit seinen Ansichten überein, glaube jedoch, noch zwei Monate warten zu sollen, bis eine günstigere militärische Lage einen besseren Ausgangspunkt für die geplanten Friedensfühler geschaffen habe. Der Sturz Mussolinis am 25 Juli machte jedoch alle Bemühungen Antonescus in dieser Richtung zunichte. Insgesamt hatten sich die Chancen Rumäniens für Gespräche mit den westlichen Alliierten in dieser Phase erheblich verschlechtert. Durch die Ereignisse in Italien war der Gedanke einer gemeinsamen Politik aller kleinen Verbündeten unter Führung Italiens von der Entwicklung überholt. Die politische Zielsetzung mußte daher aufgrund der veränderten Lage überprüft werden. Diese Überprüfung führte zum Entschluss, den ehemaligen Generalsekretär im Auswärtigen Amt, Alexandru Cretzianu zum Gesandten in Ankara zu ernennen mit dem Auftrag, in Gesprächen mit Vertretern der Westalliierten in der Türkei doch noch das zu erreichen, was auf dem Wege über Italien nicht gelungen war. Dabei verschob sich das ursprüngliche Anliegen einer politischen Beeinflussung der Westmächte im antisowjetischen Sinne immer mehr zu einem Versuch, Rumänien ganz aus dem Krieg herauszuführen und ihm dabei wenigstens mit Hilfe der westlichen Alliierten das Schicksal einer Besetzung durch die „Rote Armee“ zu ersparen. Wie weit dabei im einzelnen Marschall Antonescu, Mihai Antonescu oder Cretzianu und die hinter ihm stehende rumänische Oppositionsgruppe um Iuliu Maniu und Dinu Bratianu oder auch die Kreise um den König die Akzente setzten, ist schwer zu entscheiden. Es scheint eine weitgehende Meinungsübereinstimmung gegeben zu haben. Die erste Nachricht, die Cretzianu auf seine Sondierungen in der türkischen Hauptstadt erhielt, war eine Botschaft der britischen Regierung Anfang November 1943. Kurz vorher, vom 18. bis 30. Oktober, hatte in Moskau eine Konferenz der Außenminister Großbritanniens, der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion stattgefunden, bei der ein Informationsaustausch über alle Friedensfühler der mit Deutschland verbündeten Länder zwischen den drei alliierten Großmächten vereinbart worden war. Dementsprechend lautete die Botschaft: Großbritannien könne Angebote der rumänischen Regierung oder einzelner rumänischer Persönlichkeiten nur dann in Erwägung ziehen, wenn sie sich auch gleichzeitig an die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion richteten. Solche Angebote sollten zudem die bedingungslose Übergabe an die drei Hauptalliierten enthalten. Damit riß der Gesprächsfaden zunächst ab. Gleichzeitig mit der Entsendung Cretzianus nach Ankara fand auch ein Wechsel auf dem Posten des Gesandten in Stockholm statt. Der neue Gesandte Frederic Nanu erhielt den allgemeinen Auftrag, jede günstige Gelegenheit zu nutzen, um die Reaktion der alliierten Vertreter in der schwedischen Hauptstadt auf eventuelle Friedensfühler der rumänischen Regierung festzustellen. Antonescus Kabinettschef, Gheorghe Barbul, teilte zu diesem Sachverhalt in seinen Aufzeichnungen eine interessante Einzelheit mit: Dem rumänischen Gesandten Frederic Nanu war signalisiert worden, dass die Gesandtin Alexandra Kollontai, übrigens eine ehemalige enge Weggefährtin des Staatsgründers Lenin, bereit sei, ihn zu Gesprächen zu empfangen. Bedingung der Gespräche sollte aber sein, dass Nanu bezüglich dieser Kontaktaufnahme absolutes Stillschweigen bewahren müsse, sowohl den Westalliierten gegenüber als auch dem eigenen Botschaftspersonal gegenüber. Anscheinend wollte die Sowjetunion anders als ihre Verbündeten geheim im Trüben fischen. Gespräche fanden dann tatsächlich statt und Nanu teilte Anfang Februar 1944 mit, die Sowjetregierung habe versprochen, die Souveränität und Unabhängigkeit Rumäniens zu respektieren und Siebenbürgen bei einem Krieg zu retten. Antonescu ging aber nicht weiter darauf ein, denn zu dem damaligen Zeitpunkt zog er es noch vor, mit dem Westen zu verhandeln. Nanu erhielt allerdings auch die Anweisung, die Beziehungen zur sowjetischen Gesandtschaft nicht ganz abreißen zu lassen.

Die Mission des Prinzen Stirbey in Kairo

In der Zwischenzeit waren die Bemühungen der rumänischen Regierung, um jeden Preis mit den Westmächten in Fühlung zu bleiben in ein neues Stadium getreten. Am 31. Januar 1944 hatte Marschall Antonescu den rumänischen Militärattaché in einem neutralen Land angewiesen, dem dortigen amerikanischen Militärattaché mitzuteilen, dass die Zusammenarbeit Rumäniens mit den Alliierten von politischen Garantien abhinge. Rumänien dürfe nicht aufgefordert werden, dem Beispiel Italiens zu folgen, denn dies würde nur eine Besetzung durch deutsche Truppen nach sich ziehen, die bald von sowjetischen abgelöst würden. Die neu geschöpfte Hoffnung stützte sich auf die Ende Dezember herbeigeführte Einigung mit der Oppositionsgruppe Maniu-Bratianu über den politischenWeg, der eingeschlagen werden müsse, um eine Katastrophe für Rumänien zu vermeiden. Im Verlauf der Besprechungen zwischen Regierung und Opposition bat Marschall Antonescu den Führer der Nationalen Bauernpartei, Iuliu Maniu, seinerseits zu versuchen, von den Alliierten annehmbare Garantien für die Freiheit und Sicherheit Rumäniens zu erhalten. Er habe nicht die Absicht, sich an die Macht zu klammern, wenn er dem Wohl Rumäniens im Wege stehe, sondern sei bereit zurückzutreten, falls Maniu Erfolg habe.

So einigte man sich, den polyglotten ehemaligen Ministerpräsidenten Prinz Barbu Stirbey, der über ausgezeichnete Verbindungen in Großbritannien verfügte, zu Geheimbesprechungen nach London zu schicken. Am 1. Februar wurde jedoch dem Gesandten in Ankara von britischer Seite mitgeteilt, dass die Gespräche mit den Vertretern der drei Hauptalliierten in Kairo stattfinden würden. Trotz dieser bedeutsamen Änderung verließ Stirbey am 1. März im Auftrag von Maniu und Bratianu und mit Zustimmung des Marschalls Rumänien und bergab sich auf dem Weg über die Türkei nach Kairo, wo am 17. März die geheimen Gespräche mit den Vertretern der Alliierten, Lord Moyne (Großbritannien), MacVeagh (Vereinigte Staaten) und Nowikow (Sowjetunion), eröffnet wurden. Stirbey begann die Verhandlungen mit der Feststellung, dass die rumänische Opposition an die Bemühungen der Regierung, Rumänien aus dem Krieg herauszuführen, anknüpfe. Die Opposition sei entschlossen, notfalls selbst die Verantwortung zu übernehmen, um auf jeden Fall die Zusammenarbeit mit den Alliierten zu sichern, wenn Marschall Antonescu etwa zögern sollte. Doch verlange die rumänische Opposition von den Alliierten eine Garantie für die Freiheit der rumänischen Nation, die Unabhängigkeit des rumänischen Staates und die Anerkennung von Rumäniens Ansprüchen auf Siebenbürgen. Das schon länger für den gleichen Zeitraum geplante Treffen zwischen Antonescu und Hitler im Schloß Kleßheim bei Salzburg verärgerte die Alliierten sehr und der alliierte Oberbefehlshaber im Mittelmeerraum, General Wilson, stellte in einem Telegramm an die rumänische Regierung die Forderungen, Rumänien solle sofort den drei Großmächten übergeben und den rumänischenTruppen die Einstellung des Kampfes gegen die sowjetischen Truppen befohlen werden. Die Art der Friedensbedingungen für Rumänien werde weitgehend von dem Maße seines Beitrags zur Niederwerfung Deutschland abhängen. In einer zweiten Botschaft vom 29. März forderte Wilson Antonescu auf, sofort mit dem sowjetischen Oberkommando Verbindung aufzunehmen, um den gemeinsamen Einsatz der sowjetischen und rumänischen Truppen gegen die deutsche Wehrmacht zu vereinbaren. Als Antonescu darauf nicht reagierte, forderte Wilson am 2. April den Oppositionsführer Maniu auf, Antonescu zu stürzen, weil dieser es ablehne, mit Deutschland zu brechen. Maniu zögerte aber aus den gleichen Gründen wie der Marschall, enthielten doch alle Vorschläge nur Forderungen, aber keine Garantien. Damit blieb die Situation in Rumänien in der Schwebe. Immerhin kam Bewegung in die Angelegenheit, als der sowjetische Botschafter in Kairo, Nowikow, am 2. April den Fürsten Stirbey wissen ließ, solange rumänische Truppen mit deutschen Verbänden vermischt an der Front eingesetzt würden, sei ein Waffenstillstand ausgeschlossen. Am 12. April übergab dann Nowikow schließlich an Stirbey die „Minimalbedingungen“ für einen Waffenstillstand mit Rumänien:

  1. Bruch mit Deutschland und gemeinsamer Kampf gegen die deutsche Wehrmacht;
  2. Anerkennung der sowjetisch-rumänischen Grenze vom 22. Juni 1941(also nach Abtrtung der Nordbukowina und Bessarabiens an die Sowjetunion);
  3. Zahlung von Reparationen;
  4. Entlassung aller alliierten Kriegsgefangenen;
  5. Bewegungsfreiheit für die Rote Armee auf rumänischem Territorium;
  6. Einverständnis der Sowjetregierung sowie der Westalliierten damit, daß der Wiener Schiedssprung annulliert wird, und Bereitschaft der Sowjetunion, Rumänien bei der Wiedergewinnung Nordsiebenbürgens zu unterstützen.

Während die Regierung Antonescu nach einigem Zögern am 15. Mai die Vorschläge offiziell ablehnte, antwortete Maniu am 19. April mit Gegenvorschlägen, um doch noch zu seinem Ziel zu gelangen. Er schlug vor, einen Waffenstillstand abzuschließen, von dem er die deutsche Regierung informieren wolle. Bei Einsetzen deutscher militärische Gegenmaßnahmen solle eine rumänische Kriegserklärung an Deutschland abgegeben werden. Da die rumänischen Truppen allein in der Lage seien, einer deutschen Aktion zu begegnen, sollten nur auf ausdrückliche Forderung der rumänischen Regierung fremde Truppen ins Land kommen. Gleichzeitig erbat er vom alliierten Oberkommando Mittelosten die Entsendung von zwei Luftlandedivisionen. Die Alliierten ließen sich auf Manius Vorschläge überhaupt nicht ein und forderten am 21. April eine klare Annahme oder Ablehnung des vorgesehenen Sechspunkteprogramms. Noch ehe diese Nachricht in Bukarest eintraf, hatte Maniu am 20. April Stirbey mitgeteilt, er nehme die alliierten Vorschläge als Gesprächsbasis an und werde ihm zu seiner Unterstützung einen weiteren Emissär entsenden. Die Wahl fiel auf seinen engen Vertrauensmann Constantin Visoianu. Damit hatten sich die Wege Marschalls Antonescu und Manius getrennt. Während die Regierung die Hoffnung auf einen erfolgreichen Ausgang der Verhandlungen in Kairo aufgab, glaubte Maniu immer noch, durch die dortigen Verhandlungen wenigstens eine einseitige Kapitulation vor der Sowjetunion vermeiden zu können. Eine dadurch erhoffte dramatische Wendung blieb aus. Visoianu war am 26. Mai in Kairo eingetroffen und hatte am folgenden Tag einen Bericht über die Lage in Rumänien gegeben. Daraus ging hervor, dass Maniu bereits eine von den Alliierten erwartete Koalition der „demokratischen“ Parteien (Nationale Bauernpartei, Nationalliberale Partei, Kommunistische Partei und Sozialdemokratische Partei) angeregt hatte. Wenn auch diese Erklärung Visoianus von den Vertretern der Alliierten begrüßt wurde, so lehnte der Delegierte der Sowjetunion m 1. Juni doch jede Diskussion über das Sechspunkteprogramm, wie sie Maniu vorgeschlagen hatte, ab. Daraufhin sah sich Maniu am 10. Juni gezwungen, dem Abschluss des Waffenstillstandes auf der festgelegten Basis endgültig und ohne weitere Verhandlungen zuzustimmen. Am 20. Juni sandte er einen Sonderkurier nach Kairo, der den Alliierten den Plan der Führer der Oppositionsparteien mitteilen sollte. Danach war beabsichtigt, Antonescu zu stürzen und selbst eine Regierung zu bilden, um den sofortigen Abschluss eines Waffenstillstandes zu proklamieren. Zum Gelingen der Operation sei es aber notwendig, dass drei alliierte Luftbrigaden in Rumänien abgesetzt würden. Außerdem bat Maniu, den Schwerpunkt der Luftangriffe auf Ungarn und Bulgarien zu legen, um den Antransport neuer deutscher Truppen nach Rumänien zu verhindern. Auf diese Initiative ist trotz wiederholter Anmahnung durch Maniu nie eine Antwort erfolgt, da längst in direkten Verhandlungen zwischen der Sowjetunion, Großbritannien und denVereinigten Staaten das zukünftige Schicksal Rumäniens entschieden worden war, ohne dass die rumänische Regierung oder die Opposition und ihre Emissäre in Kairo irgendeine Mitteilung darüber erhalten hatten. Durch die am 6. Juni beginnende Invasion in der Normandie hatte sich die strategische Lage in Europa völlig verändert und Rumänien war endgültig zur ausschliesslichen Interessensphäre der Sowjetunion geworden.

Verhandlungen in Stockholm

Die Regierung Antonescu hatte die starren Bedingungen der drei alliierten Vertreter in Kairo vor allem deswegen schließlich abgelehnt, weil sie in den Geheimverhandlungen in Stockholm eine unvergleichbar größer Chance erblickte. Diese hatten auf sowjetische Initiative hin am 11. April wieder begonnen. Hierbei zeigten die sowjetischen Unterhändler, die nicht an die Kompromissformeln mit den Westalliierten gebunden waren, eine viel geschmeidigere Haltung. In dem Gespräch mit dem Gesandten Frederic Nanu am 11. April verlas der stellvertretende sowjetische Gesandte Semjonow eine Botschaft seiner Regierung, in der es hieß, dass die Sowjetregierung es vorziehen würde, mit der gegenwärtigen Regierung zu verhandeln, und sie sei vorbereitet, ihr bei der Vertreibung der deutschenTruppen zu helfen. Sollte sich jedoch Antonescu nicht zum Widerstand gegen Deutschland entschließen, werde sich die Sowjetregierung an die Oppositionsgruppe Maniu-Bratianu wenden. Obwohl sich in der folgenden Unterredung zwischen Nanu und der sowjetischen Gesandtin Alexandra Kollontai im Grand Hotel Saltsjöbaden bei Stockholm keine neuen Gesichtspunkte ergaben, steigerte dieses Gespräch die Hoffnung auf rumänischer Seite, in Stockholm voran zu kommen. Als jedoch die am 13. April von Semjonow überreichten Waffenstillstandsbedingungen lediglich die sechs Punkte, die man am Tage zuvor schon Stirbey eröffnet hatte, enthielten, trat wieder eine Pause in den Stockholmer Gesprächen ein. Nachdem Nanu am 22. Mai einen Wink erhalten hatte, entschloß er sich aufgrund einer allgemeinen Weisung Mihai Antonescus am 29. Mai zu einem Memorandum an die Sowjetregierung. Darin hieß es:

Der Frontwechsel Rumäniens müsse ohne Bürgerkrieg erfolgen. Daher bestehe die rumänische Regierung auf folgenden Zusatzbestimmungen zum sowjetischen Waffenstillstandsangebot:

  1. Den deutschen Truppen müsse eine Frist von 15 Tagen zum freien Abzug aus Rumänien gewährt werden. Halte die deutsche Führung diese Frist nicht ein, werde Rumänien der Roten Armee bei der Vertreibung der deutschen Truppen Unterstützung gewähren.
  2. Da die zivile Macht in Rumänien in den Händen der eigenen Regierung bleiben müsse, dürfe ein gewisses Gebiet als Sitz der rumänischen Regierung von Verbänden der Roten Armee nicht betreten werden.
  3. Das Schicksal der Nordbukowina und Bessarabiens könne erst bei Abschluss eines Friedensvertrages entschieden werden.
  4. Die Frage der Reparationen bedürfe einer eingehenden Prüfung.

Die sowjetische Antwortnote vom 31. Mai zeigte sich durchaus kompromissbereit. Zwar könnten die Punkte 1, 2 und 5 der Waffenstillstandsbedingungen nicht geändert werden, doch sei die Sowjetregierung zu einer Reduzierung der Reparationszahlungen bereit. Auch hinsichtlich der rumänischen Verwaltung werde man sich einigen können. Noch weiter ging eine neue sowjetische Note vom 2. Juni, in der es hieß: Wenn der von der Sowjetregierung nicht erwartete Fall eintreten sollte, dass die deutschen Truppen Rumänien binnen 15 Tagen räumten, hätte die Sowjetregierung nichts dagegen, wenn Rumänien neutral bliebe. Um die Verhandlungen zum Abschluss zu bringen, bitte sie um eine sofortige Entsendung einer rumänischen Delegation in die UdSSR. Als aber die Geheimgespräche in Stockholm so weit fortgeschritten waren, dass es nur noch auf eine letzte Entscheidung des Staatsführers ankam, zögerte der Marschall erneut. Er neigte nämlich aus seiner ganzen Grundeinstellung heraus zu einer Westlösung. Deshalb fürchtete er, ein übereiltes Festlegen auf die sowjetische Linie, könne andere, auch jetzt noch vorhandene Möglichkeiten ausschließen. In diesem Sinne gab er Nanu die Anweisung, auf Zeitgewinn zu arbeiten. Am 22. Juni mußte Nanu dem sowjetischen Geschäftsträger auf Anfrage mitteilen, er habe noch keine Nachricht aus Bukarest erhalten. Auf eine erneute Weisung Mihai Anonesus vom 5. August, bei sowjetischem Drängen eine hinhaltende Taktik zu verfolgen, entschloss sich Nanu zu einem Privatbrief an Mihai Antonescu, in dem er mit Nachdruck betonte, es sei aussichtslos, auf Hilfe von den Westmächten zu hoffen. Daher müsse man jetzt handeln, sonst sei alles verloren. Er sollte recht behalten.

Weitere Maßnahmen

Am königlichen Hof plante man parallel zu den diversen Sondierungen und Gesprächen, sich des unbequem gewordenen Antonescu durch einen Putsch an der Front zu entledigen. Man dachte sich das so, dass die rumänischen Frontgenerale eine Gegenregierung einsetzen und dieser Truppen zur Verfügung stellen sollten. Zugleich dachte man daran, einen Aufstand im Norden hervorzurufen und hoffte durch einen „Marsch nach Bukarest“, die Hauptstadt und das ganze Land rasch in die Hand zu bekommen. Der Chef der königlichen Militärkanzlei, General Constantin Sanatescu, reiste im Mai 1944 an die Ostfront, um die Frontkommandeure für diesen Plan zu gewinnen. Diese lehnten aber allesamt kategorisch ab. Auch die Opposition versuchte einmal auf eigene Faust entscheidend tätig zu werden, indem sie den General Aurel Aldea beauftragte, unmittelbare Verhandlungen mit der „Roten Armee“ aufzunehmen, und ermächtigte ihn, im Namen des rumänischen Volkes den Waffenstillstand abzuschließen. Eine diesbezügliche Urkunde wurde am 17. August 1944 von den vier Parteivorsitzenden des Im Juni 1944 gebildeten National-Demokratischen Blocks unterzeichnet. Auch Prinz Stirbey in Kairo und Alexandra Kollontai in Stockholm wurden davon in Kenntnis gesetzt. Aber die Russen kümmerten sich nicht um den rumänischen Unterhändler. Sie dachten zu dem Zeitpunkt nicht daran, ihre militärischen Operationen wegen des rumänischen Waffenstillstandsangebotes abzuändern.

Am Abend des 22. August 1944 aber teilte Marschall Ion Antonescu dem deutschen Minister Carl Clodius mit, dass er angesichts der kritischen Situation an der Front eine letzte große Anstrengung unternehmen werde, um die Russen aufzuhalten, und dass er sich im Falle eines Scheiterns das Recht vorbehalten würde, zu handeln, wie er es für richtig hielte. Nach dem Treffen mit Clodius schickte Mihai Antonescu einen Kurier nach Stockholm und wies Nanu an, Alexandra Kollontai die Bereitschaft der rumänischen Regierung mitzuteilen, einen Waffenstillstand abzuschließen. Der Kurier, ein gewisser Djuvara Neagu, Geheimdienstmann und „Mädchen für alles“, kam am 24. August, also einen Tag nach dem Putsch, an seinem Ziel an. Nanu wurde in der durch die Verspätung obsolet gewordenen Weisung aufgefordert, sich nur an Alexandra Kollontai zu wenden und sie zu fragen, ob die von den Russen versprochenen älteren Bedingungen noch gültig waren oder neu verhandelt werden müssten. Nanu wurde auch aufgefordert, er solle den Briten und Amerikanern nichts von diesen Gesprächen mit den Sowjets erzählen. Offensichtlich war das Vertrauen der Antonescus in die Westalliierten endgültig verloren gegangen, und er hoffte nun, sich mit diesem verzweifelten Schritt irgendwie mit den Sowjets einigen zu können. Die Ereignisse haben ihn jedoch überrollt.

Der Coup

Während die Regierung auf Verhandlungserfolge in Stockholm und die Opposition immer noch auf solche in Kairo hofften, ergriffen der König und seine Berater die Initiative. Sie waren zur Überzeugung gelangt, dass Fortschritte in Richtung eines Waffenstillstandes nur ohne Antonescu möglich seien und planten seinen Sturz. Dieser sollte am 26. August stattfinden. Durch Zufall erfuhr jedoch der König am 22. August, dass der Marschall für den 24. August einen mehrtägigen Frontbesuch plante. Daher wurde in aller Hast umdisponiert und der Sturz des Staatsführers auf den 23. August vorverlegt. Der König verließ seinen ständigen Wohnsitz, das Schloß Peles in Sinaia, und begab sich heimlich nach Bukarest. Nach außen ließ er verkünden, er sei unterwegs zu einer Entenjagd. Offiziell zitierte er den Marschall für den 23. August zu einer Audienz. Sicherheitshalber veranlasste er Iuliu Maniu und dessen Stellvertreter Ion Mihalache, den Marschall zu bewegen, auch selbst um eine Audienz anzusuchen. Dass der Marschall dabei verhaftet werden sollte, konnte sich Maniu nicht vorstellen. Er ging lediglich von einer Entmachtung aus. Es kam jedoch anders. Es fand eine spektakuläre Verhaftung statt. Dies war auch der Grund warum Maniu lange zögerte, am Abend des 23. August in die neu gebildete Regierung Sanatescu einzutreten. Ein weiterer Grund war die Tatsache, dass die Sowjetunion keine Anstalten machte, sich auf einen irgendwie gearteten Waffenstillstand einzulassen, sondern energisch weiter in rumänisches Territorium eindrang. Es war also genau das eingetreten, was bisher alle drei handelnden Parteiungen, die Regierung, die Opposition (mit Ausnahme der Kommunisten) und der Hof hatten vermeiden wollen, nämlich dass sowjetische Truppen das Land okkupierten. So bestand das Dilemma darin, dass Rumänien den Frontwechsel vollzogen und die Abwehr der „Roten Armee“ eingestellt hatte, ohne sich durch einen Waffenstillstand, den die Sowjets bewußt verschleppten, abgesichert zu haben. Somit behandelte die „Rote Armee“ die Rumänen weiterhin als Kriegsgegner, nahm rumänische Soldaten gefangen und verschleppte sie in die Sowjetunion (es sollen 130.000 Mann gewesen sein. Insgesamt befanden sich nun 277.00 rumänische Soldaten in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Auch Waffen und militärisches Gerät wurde erbeutet. Noch standen aber auch deutsche Truppen im Lande und die Regierung mußte handeln. Noch am Abend des 23. August wurde der Gesandtschaftsrat Dr. Stelzer als deutscher Geschäftsträger in das königliche Schloß berufen, wo ihm der neue Außenminister Niculescu-Buzesti offiziell den Abbruch der Beziehungen Rumäniens zu den Achsenmächten mitteilte. Den deutschen Truppen bot der Minister freien Abzug an, unter der Voraussetzung, dass sie, sich jeder Feindseligkeit enthielten. Letzteres stand allerdings im Gegensatz zum Entwurf des geplanten Waffenstillstandes. In der Zwischenzeit begaben sich nach und nach alle wesentlichen deutschen Persönlichkeiten in die deutsche Gesandtschaft, die anschließend von rumänischen Sicherheitskräften abgeriegelt wurde. Dennoch gelang es dem Chef der Luftwaffenmission, General Gerstenberg, das Gebäude zu verlassen. Sofort leitete er militärische Gegenmaßnahmen ein, nachdem inzwischen auch der Befehl Hitlers zur Niederschlagung des Putsches eingetroffen war. Diese Maßnahmen erwiesen sich als großer Fehler und waren schon wegen der Schwäche der deutschen Truppen bar jeder Erfolgsaussichten. Mit den von ihm befohlenen Stuka-Angriffen auf Bukarest in der Nacht vom 23. auf den 24. August zerstörte er darüber hinaus auch die berechtigte Hoffnung, dass ein nicht unerheblicher Teil der rumänischen Armee sich weigern könnte, gegen den bisherigen Bündnispartner vorzugehen. Die Kriegsereignisse führten jedoch dazu, dass Rumänien am 25. August Deutschland den Krieg erklärte und die rumänischen Truppen nun Seite an Seite mit der „Roten Armee“ gegen die deutsche Wehrmacht kämpfte. Besonders tragisch war dieser Umstand für die Siebenbürger Sachsen und Banater Schwaben, durch die Tatsache, dass ein erheblicher Teil von ihnen in die Einheiten der Waffen-SS eingegliedert worden war, während der andere Teil auf rumänischer Seite unter Waffen stand. Es war auch diesbezüglich genau das eingetreten, was Antonescu, aber auch die demokratische Opposition auf jeden Fall hatten vermeiden wollen. Die Kämpfe zogen sich nun in großer Schnelligkeit hin. Am 30. August wurde das Erdölgebiet um Ploesti nach großen Verlusten geräumt. Am 31. August zog die „Rote Armee“ in Bukarest ein. Der Gesandte Manfred von Killinger entzog sich der Gefangennahme durch die Sowjets und erschoss sich und seine Sekretärin Petersen. Das übrige Personal wurde in die Sowjetunion abtransportiert, wo sich seine Spur verläuft. Der Wirtschaftsgesandte Carl August Clodius soll später als Wirtschaftsfachmann im Dienste der Sowjetunion gestanden haben. Ein skurriles propagandistisches Detail war das Herausstreichen der Division „Tudor Vladimirescu“, die mit den sowjetischen Truppen mitmarschiert war. Es handelte sich um eine von Ana Pauker in der Sowjetunion aufgestellten „Freiwilligen-Truppe“, die aus Kriegsgefangenen und Überläufern bestand. Aus propagandistischen Gründen kam sie auch später immer wieder zum Einsatz. Der national und international hochrenommierte Schriftsteller Mihail Sadoveanu (1880 – 1961) hat dieser Truppe mit seinem opportunistischen Roman Mitrea Cocor ein fragwürdiges literarisches Denkmal gesetzt, wodurch er sich eine glänzende Karriere im kommunistischen Regime sicherte, aber seine hohe moralische Reputation vollends einbüßte.

Nachdem die Sowjetunion das ganze Land besetzt hielt, bequemte sie sich endlich dazu, den Waffenstillstand abzuschließen. Dieser Akt fand am 12. September 1944 in Moskau statt. Seitens der Sowjetunion unterschrieb ihn Marschall Malinkow, für die rumänische Seite wurden eingeladen: General G. Popp für die nationale Bauernpartei, L. Patrascanu für die Kommunisten, S. Voitec für die Sozialdemokraten und G. Fotino für die Nationalliberalen. Hinzu kamen noch die Unterhändler in Kairo, Prinz Barbu Stirbey und C. Visoianu. Mit dieser Unterschrift setzte die sowjetische Dominanz über das Land ein. Die Westalliierten hatten zudem inzwischen auf einen größeren Einfluss in Südosteuropa verzichtet und das Geschehen dort der Sowjetunion überlassen. Im Gegenzug hatten sie sich die Dominanz in Griechenland und im Mittelmeerraum gesichert. Der Sowjetisierung in Rumänien stand international also nichts mehr im Wege.

Die Sowjetisierung

Aufschlussreich für diesen Komplex sind die Ausführungen von Ekkehard Völkl in seinem Buch Rumänien Vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, Regensburg 1995.

Die Machtübernahme durch die Kommunisten verlief in allen Staaten Ostmittel- und Südosteuropas nach einem ähnlichen Drehbuch ab. Die sowjetischen Kommandanturen gaben den einheimischen Kommunisten Hilfestellung und behinderten die anderen Parteien. Kommunisten und ihnen willfährige Mittelsmänner wurden Staatssekretäre, Minister oder gar Ministerpräsidenten. Dann traten die Kommunistischen Parteien im Bündnis mit anderen Parteien zu Wahlen an, hielten sich aber geschickt im Hintergrund. Manipulationen und offener Druck verhalfen zu einem Wahlerfolg, wobei nach außen hin großer Wert auf die Aufrechterhaltung von Koalitionen gelegt wurde. Die anderen Parteien wurden in einer Atmosphäre von Terror und Einschüchterung „gleichgeschaltet“ oder dezimiert und ganz verboten. Es entstand schließlich eine Einparteienherrschaft totalitärer Prägung. Der „Sowjetisierung“ stand nichts mehr im Wege. Auch in Rumänien verlief die „Sowjetisierung“ nach diesem Strickmuster. Mit der hauptsächlich aus parteilosen Fachleuten bestehenden Regierung Sanatescu, die der König am späten Abend des 23. August 1944 eingesetzt hatte, übernahmen zunächst nach einigem Zögern von allem durch Iuliu Maniu von der nationalen Bauernpartei auch die vier Parteien Verantwortung, die sich im Juni 1944 zum „Nationaldemokratischen Block“ zusammengefunden hatten Es waren die Nationale Bauernpartei, die Nationalliberale Partei, die Sozialdemokratische Partei und die Kommunistische Partei (Letztere war auf ausdrückliche Forderung der Alliierten in den Block aufgenommen worden). Ihre Vorsitzenden traten als Minister ohne Geschäftsbereich in die Regierung ein. Mit Blick auf die Sowjetunion wurden nun die beiden linken Parteien sehr wichtig, vor allem die Kommunisten. Bisher hatten sie in Rumänien nur geringe Bedeutung gehabt und sie war nie in einer Regierung vertreten gewesen. Die Partei, seit ihrem Verbot (1924) im Untergrund stehend, dürfte 1944 über kaum mehr als tausend Mitglieder verfügt haben. Die meisten ihrer Führungspersonen befanden sich in Haft, darunter der spätere Parteichef Gheorghe Gheorghiu-Dej. Andere lebten im Exil in der Sowjetunion. Mit dem Sturz Antonescus kamen die Inhaftierten frei, und die „Moskauer“ kehrten zurück. Unter ihnen gaben Vasile Luca und Ana Pauker (geb. Hannah Rabinsohn) den Ton an. Deren Mann, Marcel Pauker, hatten die sowjetischen Behörden als „Trotzkisten“ erschießen lassen. Dennoch stellte sie sich bedingungslos in den Dienst Stalins, der sie 1943 mit der Aufstellung der Division „Tudor Vladimirescu“, der besagten „Freiwilligentruppe“, bestehend aus rumänischen Kriegsgefangenen, betraut hatte. Nach dem Sturz Antonescus baute die Kommunistische Partei ihre Organisation aus und warb erfolgreich um Mitglieder. Wer immer sich der Partei, dem Jugendverband und anderen Organisationen im politischen Umfeld anschloss, war willkommen. Sogar Angehörige der „Eisernen Garde“, die sich auf diese Weise einer Verfolgung entzogen, fanden Aufnahme. Im Oktober beendete die Kommunistische Parte das Aktionsbündnis mit der Bauernpartei und der Nationalliberalen Partei und formte ein engeres, linksgerichtetes, Bündnis, die „National-Demokratische Front (Frontul National-Democrat)“. Ihm gehörten neben den Kommunisten die Sozialdemokraten, eine Splitterpartei, „Frontul Plugarilor (Front der Pflüger)“, unter dem späteren Miniastpräsidenten Petru Groza, sowie zwei Gruppierungen, die sich von der Nationalen Bauernpartei und der Nationalliberalen Partei aus opportunistischen Gründen abgespalten hatten, aber weiter unter diesen Namen auftraten, was für erhebliche Verwirrung sorgte. Die „Front“ schaffte es bald durch ständige Demonstrationen und eine aggressive Agitation gegen die „Faschisten“, wie die bürgerlichen Parteien nun genannt wurden, das politische Leben lahm zu legen. Eine Großdemonstration der Nationalen Bauernpartei am 13. Oktober 1944 wurde sowjetischerseits massiv als pro-faschistisch diffamiert und die Bestrafung der Initiatoren gefordert. Der sowjetische Vertreter in der Alliierten Kontrollkommission und die „National-Demokratische Front“ erzwangen den Rücktritt der Regierung Sanatescu. Der König beauftragte ihn zwar erneut mit der Regierungsbildung, aber dieses mal musste der Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Gheorghe Gheorghiu-Dej in das Kabinett aufgenommen werden. Sanatescu hielt dem dauernden Druck nicht mehr stand und trat im Dezember endgültig zurück. Sein Nachfolger, General Radescu, galt von vorneherein als Übergangslösung. Die entscheidende Initiative zur endgültigen Umwandlung Rumäniens in einen kommunistischen Staat ergriff der hemdsärmlige und skrupellose stellvertretende sowjetische Außenminister, Andrei Januarjewitsch Wyschinski, der sich wiederholt in Bukarest aufhielt, um „nach dem Rechten zu sehen“. Er war übrigens der Chefankläger bei den vielen Schauprozessen in der Sowjetunion Ende der 30er Jahre gewesen. Anlass zum „großen Reinemachen“ bot ihm der blutige Ausgang einer von der National-Demokratischen Front organisierte Massendemonstration unter der Parole „NDF an die Macht“. Die entscheidenden Schüsse waren bewusst von einem agent provocateur abgegeben worden. Jetzt hatte er die gewünschte Handhabe. Schroff forderte er den König auf, Petru Groza zum Ministerpräsidenten zu ernennen. Als Michael zögerte, kam es zu lautstarken Auseinandersetzungen. Schließlich lenkte Michael ein und ernannte den Vorsitzenden der Front der Pflüger, Petru Groza, am 6. März 1945 zum neuen Ministerpräsidenten. Radescu floh über Zypern nach Amerika. Von 18 Kabinettssitzen wurden 14 mit Vertretern der NDF besetzt. Die Westalliierten erkannten allerdings die neue Regierung erst an, als sie aus Moskau die Zusage freier Wahlen und die Aufnahme von Vertretern der nationalen Bauernpartei und der Nationalliberalen Partei erhielten. Die Anerkennung erfolgte im Februar 1946. In der Zwischenzeit waren von 58 Präfekturen 56 an Kommunisten gefallen, das heißt, die gesamte Verwaltung war bereits gleichgeschaltet. Als erste größere Maßnahme hatte die Regierung Groza 1945 ein Gesetz zur Agrarreform erlassen, nach den Reformen unter Cuza und denjenigen von 1920-21 die dritte Maßnahme dieser Art in Rumänien. Dahinter stand die Absicht, durch Landzuteilungen unter dem Bauernproletariat Anhänger zu gewinnen. Mann griff auf die Bauernhöfe der deutschen Bevölkerung sowie rumänischer „Kriegsverbrecher“ und

„Kollaborateure“ (Diese beiden Begriffe wurden juristisch nie genau definiert, sondern willkürlich gehandhabt.) sowie auf Grund und Boden, die der Eigentümer nicht selbst bearbeitete, zurück. Des weiteren wurde, mit bestimmten Ausnahmen, die Obergrenze der landwirtschaftlichen Güter auf 50 ha herabgesetzt und die darüber liegenden Flächen enteignet. Als im März 1949 auch diese noch verbliebenen Güter der ehemaligen Großgrundbesitzer, diejenigen bis 50 ha, ganz enteignet wurden und die gesamte Aktion zum Abschluss kam, waren 1.468.000 ha an 918.000 landlose und landarme Bauern vergeben. 359.000 ha behielt der Staat als Reserve.

Am 19 November 1946 fanden schließlich die in Aussicht gestellten Wahlen statt, die ersten seit 1937, erstmals unter Beteiligung von Frauen. Unter dem Schutz der sowjetischen Militäradministration warenTerrorisierung, Straßenschlachten, Erpressungen und Einschüchterungen durch die Kommunisten und ihre Verbündeten an der Tagesordnung. Es ist also nicht verwunderlich dass diese schließlich von 414 Sitzen 378 Sitze errangen. Die Regierung Groza hatte damit ihre Stellung erheblich gefestigt. Die beiden Antonescus und einige Minister waren nach ihrer Verhaftung mit Gewalt in Gewahrsam der „Patriotischen Garden“ geraten, einer adhoc geschaffenen kommunistischen Parteimiliz, die sie später zur Aburteilung an die Sowjets übergaben. Sie wurden dann nach einem Schauprozess am 1. Juni 1946 hingerichtet. Im Februar 1947 schloß Rumänien mit seinen ehemaligen Gegnern im Zweiten Weltkrieg in Paris einen Friedensvertrag, in dem Nordsiebenbürgen an Rumänien zurückgegeben wurde, wohingegen die Nordbukowina , Bessarabien und die Süddobrudscha abgetrennt wurden. Die Sowjetunion erhielt das Recht „so viele bewaffnete Streitkräfte für die Aufrechterhaltung der Verbindung der Sowjetarmee mit der sowjetischen Besatzungszone in Österreich braucht“. Scheibchenweise schritt nun die „Sowjetisierung“ weiter voran, bis schließlich auch die letzte bürgerliche Bastion niedergerissen wurde: die Monarchie. Am 30.12.1947 legten der Ministerpräsident Petru Groza und der KP-Chef Gheorghe Gheorghiu-Dej dem König eine Abdankungsurkunde zur Unterschrift vor. Mihai müsse verstehen, dass in Rumänien kein Platz mehr für einen König sei. Der Palast war von Truppen der Division „Tudor Vladimirescu“ sowie von Polizei umstellt, die Telefonverbindungen waren unterbrochen. Groza drohte, eine Weigerung des Königs würde Blutvergiessen und vielleicht auch einen Bürgerkrieg nach sich ziehen. Mihai unterzeichnete in dieser aussichtslosen Situation die Verzichts-Erklärung und verließ samt seiner Familie das Land. Noch am selben Tag rief das Parlament die „Rumänische Volksrepublik (Republica Populara Romana)“ aus. Bei den Wahlen zur verfassungsgebenden Nationalversammlung im März 1948 trat die „Rumänische Arbeiterpartei (Partiul Muncitoresc Roman)“, die Kommunistische und Teile der Sozialdemokratischen Partei hatten sich mittlerweile vereinigt, unter der Sammelliste „Frontul National Democrat“ an und erhielt 405 von 414 Sitzen. Die neue Verfassung wurde bereits am 13. April 1948 angenommen.

Schluß

Die Sowjetunion hatte für die Zwecke ihrer Propaganda eine Version über die Ereignisse in Südosteuropa während der Schlussphase des Krieges verbreitet, die sie als die allein zulässige zu verbreiten suchte. Danach sei die Befreiung der Länder Südosteuropas von der Roten Armee im Zusammenwirken mit einer mächtigen kommunistischen Widerstandsbewegung vollzogen worden, die sich mit der Gewalt einer nationalen Revolution durchgesetzt habe. Dies ist in Wirklichkeit nichts andere als eine politische Legende. Gerade im Falle Rumäniens hat die kommunistische Partei eine sehr marginale Rolle gespielt. Die zentrale Rolle, die Patrascanu und Emil Bodnaras mit ihren riesigen Anhang gespielt haben sollen, ist Geschichtsklitterung, wird aber bis heute in bestimmten Kreisen kolportiert.

Den tatsächlichen Akteuren auf dem Weg zu den denkwürdigen Ereignissen am 23. August 1944 und bei den epochalen Entscheidungen dieses Tages war es nicht vergönnt, die Früchte ihres Handelns zu ernten:

Ab Anfang 1947 gingen die Kommunisten mit tatkräftiger Hilfe durch die sowjetische Militäradministration zur gnadenlosen Verfolgung ihrer politischen Rivalen und Gegner über und stützten sich dabei auf einen Passus im Waffenstillstand vom 12. September 1944, in dem es hieß, Organisationen „faschistischen Charakters“ und solche die gegen die Sowjetunion oder andere Staaten „feindliche Propaganda „ betrieben, zu verbieten seien. Ein Dekret vom 20. Januar 1945 hatte zudem die Bestrafung von Kriegsverbrechen zum Inhalt. Die Verfolgung mit massenhaften Verurteilungen war systematisch und beinahe lückenlos.

Der König starb hochbetagt am 05. Dezember 2017 in der Schweiz. Sein Land besuchte er zum ersten Male nach 45 Jahren im Jahre 1992 wieder, nachdem er beim ersten Versuch im Jahre 1990 vom damaligen Machthaber Iliescu des Landes verwiesen worden war. Sein Oberhofmeister Ion Mocsony-Starcea wurde ab 1947 mehrfach verurteilt und 1964 amnestiert. Er starb 1992 im Schweizer Exil. General Constantin Sanatescu starb am 1.11.1947 an Lungenkrebs. Vorher war er bereits angeklagt worden. General Nicolae Radescu floh am 15. Juni 1946 nach Zypern. Er starb 1953 in New York. General Aurel Aldea starb 1949 im Gefängnis. Grigore Niculescu -Buzestii floh Ende 1946 in die Schweiz und starb 1953 in New York. Iuliu Maniu starb 1954 im Gefängnis. Sein Stellvertreter Ion Mihalache starb 1963 im Gefängnis. Lucretiu Patrascanu fiel dem Machtkampf innerhalb seiner eigenen Partei zum Opfer und wurde 1954 hingerichtet. Titel Petrescu starb 1957 an den Folgen einer mehrjährigen Haft. Barbu Stirbey starb am 25. März 1946 an einer Vergiftung, höchstwahrscheinlich auf Befehl des sowjetischen Hochkommissars Wyschinski. Constantin Visoianu starb hochbetagt im amerikanischen Exil. Ghita Popp, der Mitunterzeichner des Waffenstillstandes vom 12.09.1944 starb nach mehrjähriger Haft im Jahre1967 in der Verbannung in der Baragan-Steppe. Dumitru Damascanu, in der fraglichen Zeit Militärkommandeur von Bukarest und Mitunterzeichner des Friedensvertrags vom 10. Februar 1947 wurde kurz danach degradiert und aus der Armee entfernt. Er starb verarmt im Jahre 1978. Gheorghe Fotino, ein Mitunterzeichner des Waffenstillstands vom 12. 09. 1944 wurde 1964 aus einer langjährigen Gefängnishaft entlassen und arbeitete bis zu seinem Tode im Jahre 1969 im historischen Forschungsinstitut „Nicolae Iorga“, wo der Verfasser dieser Zeilen noch Gelegenheit hatte, ihn kennenzulernen. Frederic Nanu starb 1991 mit 107 Jahren im spanischen Exil.

Der starke Mann, der sich hartnäckig gegen alle seine innerparteilichen Rivalen durchsetzte, wurde schließlich Gheorghe Gheorghiu-Dej, der dann die Partei und den Staat bis zu seinem Tode im Jahre 1965 mit eiserner Hand führte. Sein Nachfolger wurde der unselige Nicolae Ceausescu.

Das ab 1948 endgültig etablierte kommunistischen Regime dauerte über 40 Jahre an. Seine Auswirkungen sind auch heute noch, 30 Jahre nach seinem Zusammenbruch, zu spüren. Der 23. August, der 40 Jahre lang Nationalfeiertag war, wird heute nicht einmal mehr als Gedenktag begangen.

Der 23. August 1944 und seine Folgen haben auch das Schicksal des Verfassers dieser Zeilen und das seiner Familie maßgeblich beeinflußt.